Hüte Dich vor Unternehmungen, die neue Kleider erfordern, wie der gute Oscar Wilde einmal gesagt haben soll. Nun, ziemlich viele meiner Sachen nähe ich für bestimmte Anlässe, und mir macht gerade das großen Spaß!
Mein jüngstes Ergebnis ist ein recht schnell zusammengeschustertes, rückenfreies Kleid. Das Rückenfreie war das gesuchte key feature, und da kam mir sofort das sommerliche Wickelkleid aus der diesjährigen Juli-Burda in den Sinn.
Der Schnitt ist einfach, wie oft bei den Sommerkleidern von Burda; hier wird eindeutig mehr Wert auf die Möglichkeit des schnellen Nähens am Abend vor der Abfahrt in den Sommerurlaub gelegt, als auf eine raffinierte Konstruktion, geschweige denn hochwertige Verarbeitung. Also genau, was ich gerade brauchte – vom Stoffkauf bis zur Fertigstellung in vier Tagen, das dürfte mein Rekord sein! 😀
Der Schnitt besteht aus zwei Rechtecken, die mit einer vorderen respektive hinteren mittleren Naht zusammengenäht werden, je nach Trageweise. Diese Naht dürfte alleine der Tatsache geschuldet sein, dass Stoffe idR nicht so breit liegen, wie das Kleid im fertigen Zustand sein wird, nämlich zwischen 146 und und 186 cm, je nach Größe, und so die nötige Quer-Dehnbarkeit erzielt wird, die man für die Wickelung benötigt.
Burda empfiehlt das Zusammennähen rechts auf rechts und zusammengefasstes Versäubern der Nahtzugaben. Ich habe statt dessen hier eine französische Naht gearbeitet, da ich das bei einem leicht transparenten Stoff wie diesem schöner finde.
Laut Schnitt werden dann sämtliche Außenkanten einmal umgebügelt und festgesteppt; dies habe ich nur bei den Seitennähten und der oberen Saumkante getan. Zum einen kann der Saum so freier fallen, finde ich, zum anderen werde ich eventuell die „vordere“ Saumkante in einer Rundung kürzer schneiden, und ein solcher runder Saum ist schwierig zu versäumen.
Um den „Neckholder“ zu produzieren, schneidet man einfach in einiger Entfernung von der oberen Kante eine kurze Quernaht in den Stoff. Burda empfiehlt dann, die Kanten mit transparentem Gummi zu benähen. Seltsam fand ich die Angabe, dass dieses Band 80 cm lang sein soll, wenn die Kantenlänge am Kleid (in meiner Größe) nur 74 cm beträgt. Ich bevorzuge es, Kanten mit leicht gedehntem Band einzufassen, damit sie möglichst glatt anliegen.
Da mein transparentes Elastik-Band von Goldzack leider an Altersschwäche gestorben war, suchte ich in meinem Bestand nach einer Alternative und fand glücklicherweise einen Rest Organza-Falzgummi in genau passendem Rot, das aber sowas von die richtige Länge hatte! In der Tat war es eigentlich sogar zwei cm zu kurz, aber die kurzen Kanten des Bandes habe ich dann einfach kurz übereinander gelegt und nicht eingeschlagen. Das Band hatte dadurch genau die richtige Länge, nämlich 10 % weniger als die Ausschnittkante.
Bei der Länge des Einschnittes ist Vorsicht geboten! Die von Burda für meine Größe empfohlene Länge stellte als sich zu lang heraus; gut, dass ich das am Probemodell feststellen konnte! Wenn der Schnitt zu lang ist, rutscht der Ausschnitt nämlich zu tief; das hinterher vorzeigbar zu fixen, ist dann so gut wie unmöglich. Ich habe den Einschnitt daher statt der angegebenen 18,5 nur 14 cm breit gemacht, was gerade noch kurz genug war. Auch die Dehnbarkeit des Stoffes spielt hier natürlich eine Rolle. Daher meine ausdrückliche Empfehlung: Lieber erstmal zu kurz anfangen, anprobieren und ggf. den Einschnitt erweitern, als direkt komplett aufzuschneiden. Mein Einschnitt ist, vermutlich auch durch das Einfassen mit dem Band, nun eigentlich sogar einen Tick zu kurz, aber das ist jetzt erstmal nicht zu ändern, und immer noch besser als ganz im Freien zu stehen… Sobald ich wieder mal Organza-Falzgummi bekomme, werde ich das womöglich noch etwas ändern.
Alle Nähte und Säume habe ich mit dem durchgenähten Zickzack meiner Pfaff NähMa angefertigt, weil der diesen elastischen Stoff am wenigsten zusammenzieht. Meine Janome Cover hat in diesem Punkt leider kläglich versagt! (Langsam frage ich mich, was ich mit einer Maschine soll, die gerade bei elastischen Stoffen, wo man sie am meisten benötigen würde, aufgibt.)
Der Stoff, den ich verwendet habe, ist ein stark dehnbarer Mesh. Empfohlen wird leichter Jersey; er sollte unbedingt von der sehr dünnen, fludderigen Qualität sein, da die Wickelung und der Knoten sonst zu dick werden würden. Der normaldicke Jersey, egal, aus welchem Material, wäre für dieses Kleid definitiv zu dick. Seidenjersey wäre die edelste Alternative, alternativ kann ich mir sonst auch einen Stretchtüll vorstellen. Da ich diesen auf die Schnelle nicht bekommen habe, musste ich auf diesen bi-elastischen Mesh-Stoff ausweichen, Material (leider) 100 % Polyester.
Bei Bijou Brigitte fand ich einen passenden dünnen Armreif in silber in einem Set von insgesamt 5 Reifen; die Reifen waren damit teurer als der sehr preiswerte Mesh. Aber das sind wir ja gewohnt, dass die Kurzwaren immer teurer sind… 😉
Die Fotostrecke zeigt das Kleid, oder besser Kleidchen, am Strand, und mit seinem freizügigen Schnitt in dem dünnen Stoff ist das Kleid mMn am besten für solche legeren, sexy Gelegenheiten geeignet; beim Wiener Opernball wäre es definitiv fehl am Platz. 😉
Burda zeigt insgesamt drei Tragevarianten für das Kleid mithilfe des Rings, was es ebenfalls perfekt für den Urlaub oder andere Gelegenheiten macht, wo man wenig Platz im Koffer hat – so kann man an drei Abenden anders auflaufen.
Hier mal die Vorderansicht:
Insgesamt finde ich das Kleid okay; die Ausschnittkante flach anliegend zu bekommen ist nicht einfach, und die Enden, die man verknotet, sind trotz meines sehr dünnen Stoffes recht dick und auch etwas kurz. Aber bei einem so einfachen Schnitt, der nur durch Wickeln seine „Passform“ erhält, ist das nicht anders zu erwarten. Alles in allem ein schneller Schnitt, der auf den ersten Blick ein spektakuläres Ergebnis erzielt. Wer damit zufrieden ist, ist hier gut bedient.
(Die schlechte Bildqualität bitte ich zu entschuldigen. Meine Digicam hat den Geist aufgegeben, und sich mit dem iPhone selbst zu fotografieren, ist nicht ganz so einfach…)
Steht dir sehr gut!