Inspiration en gros

Wenn ich mich nicht eigens dazu verabredet hätte, hätte ich bei dem Regenwetter und einer recht kurzen Nacht heute Morgen vermutlich nicht so gerne das kuschelige Bett verlassen. Aber die Aussicht auf nette Gesellschaft bei einem einmaligen Ereignis hat mir das Aufstehen dann doch sehr leicht gemacht.

An diesem Wochenende veranstaltet das Hamburger Opernhaus nämlich seinen jährlichen Kostümverkauf, bei dem nicht mehr benötigte Kostüme aus den letzten Produktionen verkauft werden.

Jeder, der sich irgendwie mit dem Anfertigen von Kostümen, für welche Zwecke auch immer, beschäftigt, kennt diesen Termin natürlich. Und in Zeiten, da so etwas auch bei Facebook etc. veröffentlicht wird, war zu erwarten, dass der Andrang entsprechend groß sein würde. Und so war es dann auch: (kurzer Ausschnitt der Warteschlange)

Trotz des Regenwetters war die Stimmung in der Schlange – die im Inneren des Gebäudes noch eine Treppe höher geht; dort steht man aber wenigstens warm und trocken – sehr entspannt. Auch im Inneren war es trotz des Andrangs jederzeit möglich, sich die Sachen etwas genauer anzusehen, und jeder ist zu einem Gespräch, einem Scherz, einem wohlwollenden Blick auf die Anprobe der anderen bereit. Im Gegensatz zu Events wie dem Holland Stoffmarkt, wo man teilweise froh sein kann, ohne blaue Flecken wieder aus dem Gewühl zu kommen, ging es hier erfreulich zivilisiert zu. Das liegt zum Teil vermutlich auch daran, dass der Einlass limitiert ist; wenn eine bestimmte Besuchergrenze erreicht ist, kommen neue Leute erst dann wieder hinein, sobald jemand anders die Räume verlässt. So ist es niemals proppevoll; aber auch ganz allgemein machte das „Künstlervolk“ jederzeit einen entspannten Eindruck. (Und keine Angst, die „normalen“ Menschen waren, von der Bekleidung her zu urteilen, in der deutlichen Überzahl. Muggels welcome!)

Jeder Herausgehende wird neugierig beäugt; einige trugen ihre Beute, wie z.B. ausgefallene Hüte, direkt am Körper und genossen das wohlwollende Feedback der wartenden Masse; viele hatten eine oder mehrere Tüten in der Hand, und blaue, prall gefüllte Müllsäcke waren die beliebteste Transportmethode.

Pro-Tipp: Bereits 30 bis 60 Minuten vor Öffnungszeit ankommen, sichert die Aussicht auf sofortigen Einlass bei Öffnung und die Möglichkeit, die besten Stücke abzugreifen. Bei schlechtem Wetter empfiehlt sich warme Kleidung und ein heißes Getränk im Thermosbecher für die Wartezeit. – Auf Schirme sollte man allerdings verzichten; die wartende Menge hatte immer viel Spaß an den Besuchern, die nach Verlassen noch einmal die Treppe hochgespurtet kamen, um ihren liegen gelassenen Schirm zu greifen. Oder das Kind…

Die Kleidungsstücke hängen auf zahlreichen Garderobenständern; nach „Themen“ geordnet, meist in mehr- bis zig-facher Ausfertigung. Die Mischung ist äußerst bunt: Von fertiger Kaufkleidung, die kaum oder wenig modifiziert ist (z.B. Eterna- und Seidensticker-Hemden), über Berufsbekleidung – zehn kanariengelbe Jogginghosen, anyone? – bis zu den ausgefallensten, handgefertigten großen Roben ist alles dabei.

Prinzessinnenkleider gibt es ebenso wie Bösewichter-Mäntel:

Folklore-Kleidung:

ebenso wie aufwendige Masken: (Kopf um 180 Grad drehen)

oder Taschen mit „Mehrwert“:

Und auch Stücke, bei denen ich mir noch nicht einmal vorstellen kann, was sie darstellen sollen und an welchem Körperteil sie getragen werden:

Bei den selbst angefertigten Stücken ist oft der Titel des Stücks und der Name der Rolle und des Schauspielers eingenäht, der es getragen hat. Bei einigen Teilen waren auch Zettel mit rudimentären Daten wie Brustumfang etc. angeheftet, bei den meisten Teilen jedoch nicht. Es sind auch Umkleiden vorhanden, so dass man jederzeit ein Teil anprobieren kann; auch Spiegel sind in den Räumen verteilt.

Pro-Tipp: Beim nächsten Mal ein Maßband mitnehmen!

Neben Kleidung gibt es auch zahlreiche Accessoires, wie Stulpen, Handschuhe, Mützen, BHs und andere Unterkleidung, Handtaschen und Schmuck. Auch Schuhe gibt es reichlich:

Wobei diese, genau wie die Kleidung auch, meist sehr deutliche Tragespuren aufweisen. Für die Ewigkeit sind diese Kostüme erkennbar nicht gemacht, und so mancher rohe Saum scheint der simplen Tatsache geschuldet zu sein, dass man das von den Rängen aus sowieso nicht genauer erkennen kann. Welche Illusionen eine Bühne, Licht und viel Make up doch so alles zaubern können!

Besonders beliebt und extrem schnell vergriffen (mittags war schon alles weg) waren die aufwendigen Masken/Hauben mit großen Hörnern aller Art. Die Sehnsucht nach einem starkem tierischem „Totem“ scheint durch alle Kulturen ungebrochen groß zu sein. Daneben gibt es zahlreiche weitere Masken von einfachster bis sehr aufwendiger Bauart, außerdem eine erkleckliche Anzahl an Perücken und Haarteilen. (Die in den meisten Fällen eine Wäsche und Neufrisur erfordern.) Auch hier ist viel Fertigware dabei, die man in jedem Karnevals-Laden finden kann, aber eben auch sehr interessante Eigenkreationen.

Wer nicht erwartet, einwandfreie, sauberste Ware mit handelsüblichen Kleidergrößen wie aus dem professionellen Kostümverleih zu finden, sondern sich auf das Unerwartete, Auffällige, Inspirierende einlässt, ist hier gut bedient. Was einen anspricht, sollte man auf jeden Fall einmal überwerfen und einen Blick in den Spiegel riskieren; man erlebt vielleicht eine positive Überraschung.

Neben fertiger Kleidung und Accessoires gibt es außerdem mehrere Kästen mit bunt gemischten Stoff-Rollen, sowie einige Bänder und andere Kurzwaren. Ich bin keine Expertin, aber mir schien, dass es all diese Stoffe auch bei den einschlägen Groß-Händlern wie Mahler oder Gädtke geben müsste – die vermutlich auch zu den Lieferanten des Opernhauses zählen? Auf die Preise habe ich darum nicht geachtet, da ich auch genug hier liegen habe; es dürfte etwas preiswerter sein als dort gekauft, dafür ist das Angebot natürlich eine Wundertüte.

Ich selbst bin mit € 2,50 für zwei Stulpen und ein Haarteil sehr preiswert davon gekommen; von den Kostümen hat mich tatsächlich kein einziges so angesprochen, dass ich mich spontan verliebt hätte. Diese Kleinteile haben in mir aber sofort die Inspiration neu entfacht, mir dazu passende Kostüme zu nähen, die sowieso schon seit längerem auf meiner inneren to-do-Liste stehen.

Jeder, ob mit oder ohne Tüte in der Hand, verlässt diesen Laden mit leuchtenden Augen; soviel kann ich, glaube ich, versprechen!

Ganz wichtiger Tipp zum Schluss: Nur Barzahlung! Die Preise reichen von € 0,50 bis in den mittleren dreistelligen Bereich.

Mein Schatz…

.. oder vielmehr, meine Schätze:

Am Wochenende hat die Nähmesse in Hamburg stattgefunden. Darauf aufmerksam wurde ich über die Werbung im ÖPNV; dort wurde der Wettbewerb Das Hamburger Nähtalent, bei dem man ein selbstgenähtes Kleidungsstück einreichen kann, beworben. Ich hatte gleich eine hübsche Idee, aber der Zeitmangel verbot es mir, an die Teilnahme auch nur zu denken. Aber die Idee ist gespeichert; mal sehen.

Die Nähmesse bezeichnet sich ziemlich selbstbewusst als „einziges Event“ in Deutschland, das ein umfassendes Angebot für Neueinsteiger und Profis bietet. Das bezieht sich hauptsächlich auf das Workshop-Angebot der beiden Tage, das unbestritten sehr vielfältig war: Vom Dessous nähen über Taschen, Röcke, Loops bis zu speziellen Verarbeitungstechniken wie Schrägstreifen und Paspeln ist alles dabei. Über 50 Workshops (einige davon mehrmals) an den zwei Tagen, das dürfte wirklich nicht so schnell zu toppen sein!

Mich selbst haben, wie meistens, mehr die Stoffhändler interessiert; gut 30 an der Zahl. Viele aus Land und Umland, aber auch einige von auswärts; und eine gute Mischung an Stoffen und Zubehör. Konkret gesucht habe ich zwei graue Stoffe für ein ganz besonderes Kindersweatshirt, sowie einen Ergänzungsstoff für mich, einen Jersey als Bund für eine Leinenhose. Da wurde ich auch in allem fündig:

Links oben im Bild seht ihr die zwei grauen Stoffe; zwei ganz wunderweiche Bio-Jerseys vom Pumuckl Stoffversand mit kuscheliger Rückseite, genau richtig für den Zweck. Rechts daneben ein hellblauer Jersey. Ich habe ein blaues Glanzleinen, das ich derzeit gerne zu einer Leinenhose mit Jerseybund verarbeiten würde. Den passenden Blau-Ton zu finden ist so gut wie unmöglich. Auch der jetzige ist nicht so das Gelbe vom Ei; vielleicht weiche ich doch besser auf ein sehr helles Grau aus. Da muss Mahler mal zeigen, was die Palette zu bieten hat.

Dann haben mich außerplanmäßig noch zwei süße Stöffchen angesprungen, die „meins“ geschrien haben: Links unten ein Jersey mit Elfen-Aufdruck. Ich bin ja nun alles andere als der Rosa-Niedlich-Typ, aber dieses vergleichsweise schlichte Design hat mich spontan angesprochen. Es ist ein Rest von 0,5 Meter, und ich habe gerade schon einen speziellen, selbst entworfenen, Schnitt dafür in Arbeit. Lasst euch überraschen!

Ja, und dann ein weiterer Digitaldruck, wie sie gerade immer noch so schwer in Mode sind, und lustigerweise auch wieder mit einem Vogel-Motiv. Ich habe schon zwei andere Digitaldruck-Jerseys, einer mit Flamingos, einer mit Papageien. Bunte Vögel bieten sich als Motiv für diese Technik ja wirklich an, und mit dem schwarzen Untergrund hier kommen die Farben so richtig knallig raus, genau richtig für mich. Da war einfach kein Liegenlassen möglich! Mitgenommen habe ich ihn von Niccoel.

Tja, und dann… kam ich am Stand von „Knopf Jakob“ vorbei (leider ohne Website!). Und da war es schon wieder und ganz unerwartet um mich geschehen:

Dreißiger Jahre Art deco-Knöpfe und Brosche. Ori-gi-nal! Seit einiger Zeit schon schwirrt mir der Gedanke an ein Flapper-Kleid im Kopf herum, und diese Knöpfe haben spontan ein Bild von dem Kleid mit Knöpfen und Brosche und passender Tasche vor meinem inneren Auge erstehen lassen. Es kann sich nur noch um Jahre handeln, bis ich dazu komme, auch diesen Traum zu verwirklichen, aber wenn es dann endlich soweit ist, bin ich bestens vorbereitet, ha! 😀

Hier findet man übrigens einen sehr interessanten Artikel über einen der Eigentümer, Reinhold Jakob:
http://www.buerstaedter-zeitung.de/lokales/buerstadt/lebenslauf-wie-vor-100-jahren_14515496.htm

Der Weg zur Messe war lang, da sie von uns aus fast am entgegen gesetzten Ende dieses Landes liegt; ich habe über eine Stunde gebraucht, um von Bergedorf nach Schnelsen zu kommen. Diese Location kannte ich noch gar nicht, und so war es bei dem guten Wetter auch mal ganz interessant, noch ganz fremde Stadtteile zu bereisen, von denen wir hier ja mit 150 an der Zahl reich gesegnet sind. Der Weg hat sich auf jeden Fall sehr gelohnt!

Und ich habe tatsächlich in den letzten Wochen noch ein genähtes Teil fertig stellen können:

Ein Shirt nach meinem inzwischen recht beliebten Schnitt Jalie 2793, hier in einer gekürzten Version als Shirt, wieder ohne Bindebänder. Beim Zuschnitt musste ich stückeln, und die Ärmel mit einer mittleren Naht zuschneiden, und deren Rückseite sieht auch anders aus als die Vorderseite, sonst „wäre es sich nicht ausgegangen“, wie meine Freunde aus Österreich das immer so liebenswert formulieren. Aber im Stückeln bin ich ganz gut und mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden!

Bitte entschuldigt das schlechte Handybild; aber im Moment ist meine Devise, lieber überhaupt ein Foto als gar keines… 🙂

Gammeliges in Schweden

Kurz vor Mittsommer inmitten von Schweden, nahe dem zweitgrößten See, dem Vättern. Während über 19.000 Fahrradverrückte, darunter auch mein Mann, 300 Kilometer am Stück fahren, habe ich mich nach einer angemessenen Beschäftigung für Strohwitwen umgesehen.

Zuerst hatte ich geplant, das Husqvarna-Museum ebendort zu besuchen, aber das wäre von unserem Stützpunkt in Motala aus über eine Stunde Fahrt gewesen. Dann stieß ich auf das näher gelegene „Gamla Linköping„, ein Freilichtmuseum, das eine schwedische Kleinstadt im Zustand von vor ca. 100 Jahren zeigt.

Die Häuser sind zu großen Teilen Originale, die in der Innenstadt ab- und ein paar Kilometer entfernt im Museumsviertel wieder aufgebaut wurden. Man bekommt also einen sehr guten Eindruck davon, wie es früher mal ausgesehen hat.

Teile der ehemaligen Straße „Pilens backe“ im alten Linköping

Viele sind auch heute noch bewohnt; man muss also ein bisschen vorsichtig sein und sollte nicht jedes offen stehende Gartentor gleich als Einladung verstehen. Viele Häuser sind aber auch als Museen für jedermann zugänglich.

Im 18. Jahrhundert wurde Linköping von einem schweren Brand heimgesucht, der bis auf zwei Gebäude alles zerstörte. Ich vermute, dass diese Gebäude, der Dom und das Schloss, aus Stein erbaut waren (oder sind?), wohingegen die üblichen schwedischen Gebäude ja traditionell aus Holz sind. (Die typische rote Farbe der Holzhäuser soll übrigens mWn die teuren roten Ziegel simulieren, die sich damals nur reiche Leute leisten konnten.) Daher macht es Sinn, dass im Freilichtmuseum auch ein Haus der Feuerwehr gewidmet ist. Was für eine Knochenarbeit das Löschen von Bränden damals noch mehr als heute war, kann man sich angesichts von handgezogenen Karren mit Lösch-Schläuchen und anderem schweren Gerät sehr gut vorstellen!

Im „Tryckerimuseum“ gibt es keine Zauberei zu sehen, sondern eine Druckerei. Dort gibt es auch ein ganz besonderes Papier zu kaufen:

„Use what you have“ auf Schwedisch

Ich war sehr früh im Museum angereist, und der erste Laden, der geöffnet hatte, stellte sich direkt als Volltreffer für meine Interessen heraus. Im unteren Stockwerk befanden sich bereits sehr interessante Dinge, die ich später noch vorstelle, und dann sah ich das Schild, das „Kläder“ im ersten Stock des Gebäudes annoncierte. Sollten das etwa…? Ja, waren sie! Ich war im schwedischen Kostümnäher-Paradies gelandet!

Auf den Bügeln und einem angrenzenden Tisch befand sich eine bunte Mischung mehr oder weniger typischer schwedischer Bekleidung; vom gebrauchten H&M-Leibchen bis zu Omas handgenähter Unterwäsche, oft noch mit dem aufgestickten Monogramm der ehemaligen Besitzer; von handgestrickter Kinderkleidung über Unmengen an Schürzen, von der handgenähten Pelzmütze bis zum lammfell-gefütterten Köper-Mantel, Gewicht ca. 10 Kilogramm, der seine ehemaligen (und künftigen) Besitzer bestimmt gut vor dem härtesten schwedischen Winter schützt! Viel zu entdecken, zu gucken, abzugucken, genauer zu untersuchen…

Die erkennbar handgenähte Unterwäsche entspricht mit ihren geraden Schnitten und Raffungen und den eingesetzten Keilen an strategischen Stellen zum Beispiel bis ins Kleinste der historischen Unterwäsche, die ich mir letztes Jahr angefertigt hatte. (Huch, da fehlt ja noch ein Bild und ein Bericht dazu. Irgendwann mal, wenn ich Zeit dafür habe…)

Neben fertiger Kleidung gab es auch einiges an Stoff und Kurzwaren für die Anfertigung zu kaufen. Es gab sehr dünnes schwedisches Leinen, das mit 150 Kronen den Meter, derzeit ca. € 16,50, auch nicht preiswerter als bei uns ist:

Dazu natürlich auch Schnittmuster:

sowie jede Menge Kurzwaren; teils alte Originale, teils neu Produziertes:

Gürtelschließen, Nähnadelbehälter und anderes
Garne, Werkzeug, Schnittmuster

Auch Korsett-Schnittmuster, Schließen, Federstahl etc. ist dort im Angebot, und ebenso die Accessoires, um ein Outfit zu komplettieren, wie Taschen, Hüte, Handschuhe:

Allerliebst! Fehlt „nur“ das passende Kleid…

Wer sich lieber mit dem entgegen gesetzten Ende beschäftigt, kann dort auch eine alte Sattlermaschine (nicht auf dem Foto) inklusive Werkzeug für die Anfertigung von Schuhen besichtigen:

Und natürlich gibt es auch die typischen schwedischen Clogs in allen Größen zu kaufen:

Auf der Vätternrundan gab es sogar mindestens einen Teilnehmer, der die ganze Strecke in diesen Schuhen gefahren ist. Hut ab!

Und außerdem, rätselhaft, Masken, wie man sie eher für einen venezianischen Karneval erwarten würde:

Vielleicht will der Händler auch nur ein möglichst großes Spektrum an Kostümnähern als Kunden gewinnen? Man hat nämlich auch geeignetes Zubehör für die immer größer werdende Schar der Steampunker im Angebot. Hier finden sich zum Beispiel neben Gerätschaften für naturwissenschaftliche Experimente auch die typischen Goggles:

Breaking Bad im 19. Jahrhundert?

sowie, nicht ganz so leicht zu erkennen, winzige Federwerke und andere Kleinteile aus dem Uhrenbau, die sich für Schmuck und Verzierung verwenden lassen:

In der Siedlung gibt es noch viele weitere Handwerksbetriebe, denen man zu den regulären Öffnungszeiten auch bei der Arbeit zuschauen kann, sowie viele Läden mit sehr schönem Kunsthandwerk. Von Kleidung und Accessoires über Keramikgeschirr bis zu Schmuck und Skulpturen ist für jeden etwas dabei. Aus Zeitmangel musste ich mich hier leider etwas beschränken und kann aus diesen Bereichen keine weiteren Fotos zeigen.

Für eine liebe Freundin gibt es aber noch einen Blick in ein allerliebstes Gewächshaus:

Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nur von weitem zu sehen sind diese beiden Mädchen, die mit großem Enthusiasmus ihre Piratenträume auslebten. Das Wort „niedlich“ trifft es hier nicht ganz:

Im Gegensatz dazu (?) fallen mir im schwedischen Stadtbild übrigens immer viele Männer mit Kinderwagen auf; mehr als hierzulande, habe ich den Eindruck. Und das nicht in Begleitung ihrer Frauen!

Als elegante Überleitung (gut, was?!) zum Anfang des Artikels gibt es hier dann noch ein altmodisches Fahrrad zu sehen, das dekorativ an einer Hauswand lehnte:

Die Begeisterungsfähigkeit der Schweden zur Vätternrundan haut einen jedes Mal wieder um. Mein Mann erzählt von Kleingruppen, die im tiefsten Wald campieren und die vorbei rasenden Radler mit lauten Heja-heja-Rufen anfeuern. Und wie man hier sieht, wird buchstäblich jede Rasenfläche, und sei sie auch mitten im Kreisverkehr, zur Ermunterung genutzt:

Schweden ist ja eigentlich recht weitläufig, aber hier wird jeder Quadratmeter bestmöglich ausgenutzt

Wer diese lange Fahrt überstanden hat, darf sich danach an der sehr hübschen See-Promenade ausruhen, mit Blick auf die vor kurzem fertig gestellte Brücke quer über die Mündung des Motala-Flusses:

Ziegen streicheln

ist eines meiner heimlichen Hobbies, und bei meinem Besuch der Arche Warder konnte ich dieser Leidenschaft mal wieder ausgiebig frönen. 😀

Die Arche Warder ist ein Tierpark für seltene und vom Aussterben bedrohte Haus- und Nutztierrassen. Das weitläufige Gelände kann gegen Entgelt besichtigt werden, und für kleine und große Kinder gibt es dort auch einen Streichelhof mit Eseln, Ponies und Ziegen. Womöglich, weil mein Sternzeichen Steinbock ist, hege ich eine kleine, irrationale Leidenschaft für die bockigen, schmuseschnäuzigen Tierchen.

Aber eigentlich war ich ja wegen der Schafe hingefahren. Letzten Sonntag fand dort nämlich der „Landschaf-Tag“ statt, bei dem die Schafböcke alter Landschafrassen gekört wurden. Neben vielen kleinen Gehegen mit den unterschiedlichsten Schafrassen verkauften einige Händler auch Produkte rund um das Schaf, darunter neben Fellen und Vliesen natürlich auch Wolle, was neben der Neugier auf diesen Hof meine Hauptmotivation für den Besuch war.

Die längste Zeit verbrachte ich dann aber doch mit einem ausgedehnten Spaziergang über das Gelände, das sehr schön gelegen und angelegt ist. Es gibt ausgedehnte Weideflächen für die vielen, vielen Tierrassen. Hier ist zum Beispiel eine der Schafwiesen zu sehen, mit ihren hübschen Unterständen:

Schäfchenidylle auf der Arche Warder

Die Schweine können sich in der Erde suhlen:

Hamilton-Filter für ein Bentheimer Schwein

Beim Spaziergang begegnete mir dieses hübsche, wuschelige Eselsfohlen, das mit seiner zur Zucht ausgeliehenen französischen Mutter herumgeführt wurde:

Sieht aus wie ein Plüschtier, ist aber echt

Neben dem Streichelhof befindet sich ein Gebäude mit Boxen, in denen man einige Tierbabies anhimmeln kann.

Sehr niedlich diese schlafenden Schweinchen:

1001 Dalmatiner…. Schweine

Aber auch in wachem Zustand äusserst süß:

Geringelte Schweine mit Ringelschwänzchen

Zwei entzückende Kälbchen:

Rothaarig, kurz und lang

Ein bisschen unscharf, aber diesen prachtvollen Hahn wollte ich euch nicht vorenthalten:

Natürlich habe ich es komplett versäumt, auch noch ein paar Bilder von den Landschafen zu machen, weil ich so mit Gucken und Wolle streicheln beschäftigt war. Wie man vom Vlies zur fertigen Wolle kommt, hat ein Schleswig-Holsteiner Spinnkreis mit Kardierkämmen und Spinnrädern anschaulich vorgeführt.

Vor der Abfahrt habe ich im Hofladen der Arche noch ein Glas Leberwurst vom Angler Sattelschwein sowie Frikadellen vom Galloway-Rind gekauft. Wie es in unserer kapitalistischen Welt nun einmal ist, sorgt gerade die Vermarktung der tierischen Produkte paradoxerweise dafür, dass diese alten Rassen vor dem Aussterben bewahrt werden können, solange sie für den Markt interessant sind. Da meine Geschmacksnerven bislang noch den Sieg über meine moralischen Bedenken davontragen, habe ich ihnen den Gefallen gerne getan. Zur Befriedigung meiner taktilen Bedürfnisse habe ich außerdem einen großen Strang handgesponnene Wolle vom Milchschaf mitgenommen.

Insgesamt war das ein sehr schöner Vormittag; die lange Anfahrt hat sich definitiv gelohnt. Wer einmal Lust auf einen Spaziergang „mit Mehrwert“ hat, ist dort in jedem Fall sehr gut aufgehoben.

Nichts für zarte Gemüter

Tierschützer und Anti-Pelz-Aktivisten bitte mal weglesen jetzt.

Ich war heute nämlich bei Leder Detmer. Wow. Also: WOW!

Ich wusste nicht, was man alles mit Leder und Fell anstellen kann. Nicht nur das übliche gefärbte (pink!), lackierte, geprägte, gelochte Leder, sondern noch zig andere Bearbeitungsarten sind möglich, bis das Endprodukt aussieht wie ein „normaler“ Stoff oder etwas sehr futuristisches, und gar nicht mehr wie Leder. Und ich habe nur die vordere Halle gesehen…

Der Verkaufsraum/ die Lagerhalle befindet sich im Hinterhof des Geländes, schräg gegenüber der „Metro“ in Altona. Von der S-Bahn-Haltestelle Holstenstraße etwa einen Kilometer in westlicher Richtung stadtauswärts die Stresemannstraße lang – nicht in östlicher, wie auf Google Maps fälschlicherweise für diese Hausnummer angegeben! Guess how I know…

OpenStreetMap zeigt es dagegen richtig an.

Fotos und Text auf der Firmenwebsite geben einen guten Eindruck, daher verliere ich jetzt nicht mehr allzu viele Worte. Lederreste werden dort nach Kilopreis verkauft; wer, wie ich heute, nur ein kleines Stück braucht, ist dort also bestens aufgehoben. Auch kleine Fellstreifen als Verzierung sind dort zu bekommen. Ganz zu schweigen von dem überreichen Angebot an Schnallen, Verschlüssen, Bodennägeln, Ziernieten, Ringen und anderen Metallwaren, die man so für Gürtel, Taschen und anderes braucht.

Der einzige Wermutstropfen sind die engen Öffnungszeiten. Die freundliche und hilfsbereite Bedienung und das überreiche Angebot machen den kleinen Aufwand aber mehr als wett!

Flohmarktfunde

Der GöGa lernt heute auf einer RTF das schöne Bad Oldesloe samt Umland kennen, und da ich notgedrungen heute morgen ebenfalls früh wach werden würde, suchte ich mir im Veranstaltungs-Kalender der Stadt Hamburg eine adäquate Freizeitbeschäftigung. Wie es der Zufall will, findet heute ein Flohmarkt in Barmbek statt, der sogenannte Kulturflohmarkt auf dem Hof des Museums der Arbeit, von dem nur positives zu lesen war. Also hin!

Für meine sonntäglichen Begriffe recht früh war ich bereits um zehn Uhr da, und der Andrang hielt sich noch in Grenzen. Dieser Markt besteht nur aus Privat- und kommerziellen Händlern der „Oberklasse“, möchte ich es mal nennen – was man hier definitiv nicht findet, sind Handyschalen-, neuartige Gurkenhobel- und Topfset-Anbieter. Neuwaren – bis auf Selbstgemachtes, anscheinend; ich habe einiges Genähtes sowie selbstgekochte Marmelade gesehen – sind untersagt. Sehr entspannend. Die professionellen Händler mit altem Schmuck, Omas Bettwäsche und fünfziger Jahre-Geschirr befinden sich direkt am Eingang zum Platz, von der S-Bahn-kommend, den restlichen Platz über findet man dann hauptsächlich „normalere“ Sachen, aber auch in der überwiegenden Mehrheit „richtig“ alte Sachen, sowie natürlich wie immer viele Bücher und Kleidung. Wer Omas altes Regalbord mit Porzellanboxen für Mehl, Zucker und Grieß sucht, ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel in 60er Jahre-Verpackung oder eine gut erhaltene Kaiser-Tischleuchte, ist hier jedenfalls richtig. Und für die Verpflegung ist natürlich auch gesorgt, mit der Gastronomie im Museum oder mit Ständen auf dem Markt; sogar ein vegetarischer ist dabei.

Nach einer Runde über den Markt kehrte ich zu den Ständen mit den vorgemerkten Sachen zurück. Es ist immer so ein kleiner Nervenkitzel, die Sachen erstmal liegen zu lassen um zu gucken, ob sie gleich immer noch da sind… Denn, mal ehrlich, nichts davon braucht man wirklich, deswegen wäre es kein großes Drama, wenn etwas nicht mehr zu haben ist. Aber schon schade, irgendwie… Ich hatte Glück, und alle Sachen auf meiner geistigen Liste waren noch da.

Meine erste, ebenso nützliche wie schöne Anschaffung, waren zwei Geschirrtücher aus reinem Leinen, mit handgestickten Monogrammen, angeblich um die Jahrhundertwende entstanden und eines handgewebt. Ich liebe reines Leinen zum Abtrocknen, und wie man sieht, sind solche Tücher eine Anschaffung fürs (nicht nur eigene) Leben. Vom Kurzwarensammelsurium nebenan – tolle Knopf-Auswahl! – wanderte außerdem eine metallene Gürtelschnalle in die Tasche, um  die farblich unpassende zu ersetzen, die ich als Notlösung für den Gürtel einer Jacke eingesetzt hatte: das Original aus Plastik war bereits nach wenigen Monaten kaputt gegangen.

Dann befreite ich zwei einzelne Kaffee-Löffelchen von ihrem traurigen Schicksal, die künftig unser Löffel-Sammelsurium ergänzen werden. Es gab auch jede Menge zueinander passende Sechser-Sets von Kaffeelöffeln, aber gerade die Einzelstücke finde ich viel interessanter und gebe ihnen gern ein neues Heim. Der mit dem gedrehten Griff und der Kugel hat es mir besonders angetan; ich liebe solche Strukturen. 🙂

Dann schaute ich mir ein paar Schmuckstücke näher an, die mir aufgefallen waren. Zwei Armbänder mit Opalen und Perlmutt sahen im Kasten schön aus. Die Opale waren jedoch nur ganz dünne Scheiben, die auf eine Unterlage aufgeklebt waren, und die Einfassung des Perlmutt war ein leichtes, billig anmutendes Blech mit einer kitschigen Ziselierung in Goldtönen, so dass ich beide Teile mit leichtem Bedauern, aber letztendlich leichten Herzens liegen lassen konnte.

Dann nahm mich eine Kette aus Kettengliedern in einem mattschwarzem Material gefangen. Die Verkäuferin sagte zuerst, es handelte sich um Art deco-Schmuck aus Vulkanit, sagte dann jedoch, dass der Name von der Vulkanisation käme. Vulkanit ist es also nicht, denn es handelt sich nicht um einen Stein, sondern um einen leichten, etwas biegsamen, aber stabilen Kunststoff, der an den gesägten Kanten ein faserig anmutendes, leicht andersfarbiges Innenleben zeigt. Ich vermute daher, dass es sich um eine Art von Vulkanfiber handelt, also um einen der ersten Kunststoffe, aus nachwachsenden Rohstoffen, nicht auf Erdölbasis. Die zeitliche Einordnung könnte also sogar stimmen. Die Kette war kombiniert mit einer zweiten, ebenfalls schwarzen Horngliederkette, mit ovalen, konkav gedrechselten Gliedern, die stilistisch in meinen Augen absolut nicht dazu passte, aber als eine einzige Kette verkauft werden sollte, da beide recht kurz waren. Eine Anprobe zeigte jedoch, dass mir die „Vulkanit“-Kette auch solo um den Hals passt, und nach einigem echten oder gespielten Zögern konnte ich die Kette schließlich einzeln kaufen. 😀

Wer also in Hamburg mal einen schönen Flohmarkt besuchen möchte, von mir gibt es eine absolute Empfehlung für den Kulturflohmarkt, der von April bis Oktober einmal monatlich stattfindet. 🙂

Im Stoffparadies…

… war ich heute! Ich bin ja immer noch in der Kennenlern-Phase meiner neuen Heimatstadt, und so habe ich heute einem weiteren Stoffladen einen Besuch abgestattet, nämlich Mahler Stoffe (ehem. Tietz) in Hamburg-Hamm. Wow!

Das Lagerhaus, in dessen ersten Stock der Laden residiert, ist nicht schön, aber schön groß. Die Auswahl ist mehr als reichlich – begrüßt wurde ich von Baumwoll- und Viskose-Jerseys in unzähligen Farbschattierungen. Das alleine reicht ja schon aus, um die durchschnittliche Hobbyschneiderin in Verzückung zu versetzen. Aber es wurde immer besser, denn so ziemlich jede Stoffart, die man sich vorstellen kann, ist hier in reichlicher Auswahl vorhanden, ob Wollstoffe, Mantelflausch, Ringeljerseys, Cord, Nicky, Seiden, Blusen- und Hemdenstoffe, Kinderstoffe, Fleece, Strick, Bündchen, Futter, Deko- und Vorhangstoffe – es nahm einfach kein Ende! Das Sahnehäubchen auf dieser Torte sind die Namen einiger Hersteller bzw. Verwender, denn Mahler kauft auch Reste aus der Industrie: Prada, Gucci, Escada, Moschino, you name it. Ich schätze mich glücklich, damit einen mehr als vollwertigen Ersatz für meinen geliebten Korst in Köln gefunden zu haben. 😀

Da ich gerade in der Gegend war, habe ich noch einen kleinen Fußmarsch von einer Viertelstunde zu Kurzwaren Brügmann gemacht, der zu meiner Freude neben normalem Garn und Kurzwaren auch Overlock-Garn in Standardfarben vorrätig hat.

Die Adressen der Shops findet ihr übrigens außer durch googlen oder die Gelben Seiten auch in meiner Google Maps-Karte, auf der ich Stoff- und Bastel-Läden in Hamburg verzeichne. Wer noch Tipps in Hamburg und Umgebung für mich hat, immer her damit. 🙂

Im Land, wo die Zitronen wachsen…

… waren wir am Wochenende:

Nein, nicht in Italien, sondern in – England! In einem Hof des Victoria & Albert-Museum in London stehen jede Menge Zitronenbäume, und die Früchte sehen nicht so aus, als ob sie von Hand dort befestigt wurden 😉

Im V&A hat mich natürlich die Abteilung Mode besonders interessiert. Um die Ausstellungsstücke zu schützen, herrscht in diesen Abteilungen ja immer nur ein Halbdunkel, was das Fotografieren mit meiner kleinen Digicam schwierig bis unmöglich macht. Aber diesen schönen Kommentar zur Modewelt, der ebenfalls dort ausgestellt ist, will ich euch doch gerne zeigen:

Device for rotating the Fashionmachine
Device for rotating the Fashionmachine

😀

Für mich war diese Reise außerdem die erste in einem richtigen Flugzeug! Ich bin zwar schon einmal geflogen, aber in einem kleinen Zweisitzer, wo ich direkt neben dem Piloten, einem Freund von uns, saß. Man hat fast direkten Kontakt zur – kalten! – Umgebungsluft, da man nur durch etwas Metall und eine Plexiglaskuppel geschützt ist, und man hat eine sehr gute Sicht in fast alle Richtungen. Sehr faszinierend!

Der Flug jetzt in einer Boeing 737-300 war natürlich etwas ganz anderes. Der Anschub ist noch heftiger als in einem schnellen Motorrad oder Sportwagen. Unglaublich, dass sich diese vielen Tonnen Gewicht so dermaßen schnell bewegen können! Dass die Dinger überhaupt abheben, erscheint mir immer noch wie ein Wunder; da kann man mir noch so viel über Physik erklären…

Start und Landung waren daher sehr spannend für mich, und der Teil über den Wolken ist am allerschönsten, finde ich:

Ist das nicht schön?! Über den Wolken scheint immer die Sonne. Ich werde versuchen, das im kommenden Winter nicht zu vergessen.

Und da ich das Glück hatte, direkt am Fenster zu sitzen, hatte ich erneut eine grandiose Aussicht. Hier ein Blick aus dem Fenster nach unten, vom Landeanflug, vermutlich irgendwo über London:

Wie Google Earth, aber in echt
Wie Google Earth, aber in echt

London war natürlich wieder mal faszinierend – wir waren vor zwei Jahren schon einmal dort gewesen, aber nicht per Flieger – und die Zeit war wie immer viel zu kurz.

Am ersten Tag haben wir uns Camden angeschaut; zuerst die Camden High Street entlang, wo es unglaublich viel verrückten und billigen Krimskrams, Schuhe und Kleidung gibt:

Lustige Schuhe
Lustige Schuhe
Schuhe an der Wand
Schuhe an der Wand

Danach als Kontrastprogramm in den Camden Lock Market, wo hochpreisiges Kunsthandwerk angeboten wird.

Ich bin an beiden Orten mein Geld losgeworden, aber da es sich fast nur um Geschenke handelt, kann ich hier leider nichts verraten.

Am zweiten Tag haben wir uns zunächst ein wenig bei Victoria & Albert umgesehen, wie oben erwähnt. Danach sind wir mit der DLR Docklands Light Railway nach Lewisham, vorbei an Canary Wharf mit seinem ausgedehnten Mix an Kanälen, Bürohäusern und Wohnbebauung, mit einem kurzen Zwischenstopp in Greenwich und dem Null-Meridian. Die DLR ist eine führerlose Bahn, bei der man als Passagier direkt vorne am Fenster sitzen kann, ähnlich wie die Linie 14 in Paris, aber nicht ganz so hochtechnisiert.

Greenwich selbst sollte laut Reiseführer „eine Idylle mit historischen Häusern“ sein, ist aber leider inzwischen ebenso gesichtslos-konsumorientiert wie der Montmartre oder ähnliche Touristenattraktionen. Vielleicht waren wir aber auch nur in den falschen Straßen…

Am nächsten Tag blieb uns vor dem Rückflug nicht mehr viel Zeit, so dass wir bei ständig strömendem Regen nur einen Abstecher zu Picadilly machten, um noch ein paar letzte Souvenirs zu kaufen, und danach die Regent Street zum Hotel zurück gingen.

Einen Abstecher zu Liberty´s habe ich mir diesmal verkniffen, da ich den Stoff, den ich vor zwei Jahren dort kaufte, auch noch nicht verarbeitet habe. Auf der Regent Street habe ich in mehreren Geschäften Stoffballen mit Wolltuchen gesehen, aber da es Sonntag war und viele Geschäfte geschlossen hatten, konnte ich nicht herausfinden, ob diese Stoffe nur für die dazugehörige Maßschneiderei verwendet werden, oder auch vom Meter verkauft werden. Nun ja, irgendwann wird sich die nächste Gelegenheit ergeben… 😉

Fußgängerzonen-Fund

Auf meinem Weg durch die Bergedorfer Fußgängerzone eben entdeckte ich einen Werbeaufsteller mit der Aufschrift „Maike Schambach – Modewerkstatt, Handweberei, Maßschneiderei“. Huch, das klingt ja interessant… Der Laden liegt etwas versteckt im ersten Stock einer verwinkelten Passage, aber das Suchen hat sich gelohnt.

Ein etwa dreißig Quadratmeter großer Verkaufsraum beherbergt neben den Produkten der Designerin und ihrer Schwester auch ihren großen Webstuhl. Dort können bis zu 1,50 m breite Stoffe individuell angefertigt werden, und auf Wunsch auch gleich zu Kleidungsstücken und passenden Accessoires verarbeitet werden. Die ausgestellte Mode in den aktuellen Winterfarben Lila, Grau und natürlich Schwarz umfasste Kleider, Röcke, Tops, Shrugs und Schals sowie Taschen aus meist selbstgemachten Stoffen, teilweise auch gestrickt oder gehäkelt. Etwas, das aussah wie gestrickt, war in Wirklichkeit gewebt, und ein Fellbesatz an einem Mantel bestand aus einem „Stoff“ aus verwebten Fellstreifen – sowas sieht man nicht alle Tage!

Auf einer Schneiderpuppe wurde gerade ein sehr interessanter Rock dekoriert, und Frau Schambach erklärte mir, der wäre für die neue Bühnenshow von Alida Gundlach, die im Oktober Uraufführung im Hamburger Schauspielhaus feiert. Sie hat in den letzten Monaten die Kostüme für alle 70 Tänzer angefertigt!

Einen kleinen Eindruck von ihrem Können bekommt ihr auf der Homepage der Designerin, zu der es hier geht: Maike Schambach – Handwebmeisterin. Wer Zeit und die Gelegenheit hat, sollte aber einen persönlichen Besuch vorziehen, um einen noch besseren Eindruck vom ungewöhnlichen, aber tragbaren Schaffen dieser Designerin zu bekommen!

Nadel & Faden Osnabrück 2008

Nachdem ich die letzten Wochen und Monate nur den Umzug im Kopf hatte, habe ich mir heute einen Tag für mein Hobby genommen, und bin nach Osnabrück gefahren. In der Friedensstadt, die kürzlich eine sehr coole Werbekampagne mit dem Slogan „Herrlich ehrlich“ gefahren hat, fand dieses Wochenende die Handarbeitsmesse- und Ausstellung „Nadel & Faden“ statt.
Veranstaltungsort war die Stadthalle, ein, äh, Zweckbau, aber direkt gegenüber blickt man auf einen Seitenflügel des Schlosses:

Hübsch, oder? 😀
In der Messe selbst habe ich keine Fotos gemacht. Auf zwei Etagen tummelten sich dort über hundert Aussteller aus dem textilen Bereich. Ich hatte den Eindruck, dass die meisten Aussteller sich mit dem Thema Sticken beschäftigen, dicht gefolgt von Filzen und Walkmode sowie Patchwork. Auch einige bekannte Szenegrößen wie Vlieseline oder der OZ-Verlag präsentierten sich dort mit eigenen Ständen. Andere Themen, die mir aufgefallen sind, waren Perlen, Stofftiere und Basteln allgemein. Außerdem gab es die Werke der europäischen Wanderausstellung „Fäden verbinden Frauen“ zu sehen und auf einer Bühne präsentierten sich die Aussteller mit eigenen Modeschauen. In Workshops konnte man sich neue Techniken von Frau zu Frau zeigen lassen, und größere Kinder konnten sich in der Kinderbetreuung gestalterisch austoben. Auch für das leibliche Wohl war lecker und zu sehr zivilen Preisen gesorgt. Sogar das Parken war spottbillig, jedenfalls wenn man Großstadtpreise gewöhnt ist 😉
Insgesamt habe ich zweieinhalb Stunden dort verbracht – wenn ich alleine bin, habe ich solche Sachen immer recht flott durch. Zuerst habe ich mir in aller Ruhe sämtliche Stände angesehen. Da mich Walkmode eher weniger interessiert – zu viele Herbstfarben – und zu viele große Größen… 😉 – und ich keine weiteren Patchwork-Stoffe kaufen wollte, blieb als „Rettungsanker“ das Sticken. Das reizt mich schon seit einiger Zeit und ich hatte mir ja das Thema Blackwork bereits einmal näher angesehen, aber so richtig tätig geworden bin ich noch nicht. Die gezeigten Werke waren alle wunderschön anzuschauen, und es ist teilweise atemberaubend, was man mit der Nadelmalerei umsetzen kann, aber rein stilistisch trifft nunmal recht wenig davon meinen Geschmack. Aber zwei Stände fand ich dann doch sehr interessant:
Liebevolle Kreuzstichentwürfe war der eine, und der schlichte Name könnte gleichwohl nicht besser gewählt sein, denn sehr liebevoll ist das alles in der Tat umgesetzt. Zuckersüße Motive, die aber oft mit einem Augenzwinkern umgesetzt sind, und sogar nüchterne Ikea-Anhänger wie mich dazu bringen könnten, sich sowas an die Wand zu hängen.
Noch eine Ecke schräger sind die Vorlagen von Mikusch Design. Elche, Kühe und Schweine gab es bei „Atelier Creativ“ zu kaufen, deren Körper mit ganz vielen verschiedenen Mustern verziert war, z.B. ein Elch mit einem Norwegerpullover, mit Geschenkpäckchen oder Lebkuchen, oder eine Kuh mit bunten Vierecken, mit Blümchen oder mit einem Tartanmuster. Leider gibt es nirgendwo im Netz Bilder zu sehen, deswegen verkneife ich mir das hier auch, aber wer diese Viecher einmal gesehen hat, weiß bestimmt, was ich meine.
Nach dem Rundgang ließ ich die Eindrücke erstmal bei einem Stück Apfelkuchen und einer Tasse Tee sacken, bevor ich den Geldbeutel zückte. Todesmutig erstand ich einen Elch und eine Kuh von Mikusch, sowie ein Matrosenmädchen und eine Muschel bei den Liebevollen Kreuzstickerinnen (die sogar aus Hamburg kommen, aber „nur“ einen Online-Shop führen). Mal sehen, ob mit diesen ungewöhnlichen Motiven in einfachem Kreuzstich meine Stickleidenschaft geweckt wird… 😉
Dass auch Blauweiß´chen mit einem Stand vertreten waren, hat mich sehr gefreut, da ich mir noch am Abend zuvor die neuen Weihnachtsmotive auf der Website angeschaut hatte, und so wanderte auch ein Model und ein Gläschen Farbe in meinen Beutel. Auch davon kann ich hier leider kein Bild zeigen, weil das eine Überraschung für die Empfänger der diesjährigen Weihnachtskarten bleiben soll. 😀
Insgesamt war es ein sehr entspannter, inspirierender Besuch, und ich kann diese Messe nur empfehlen.