Im Zuge der Aufarbeitung meiner Altlasten habe ich mir als nächstes ein gar nicht so altes Ufo vorgenommen. Im Februar hatte ich das Glück, bei meinem Lieblings-Dealer Mahler Stoffe einen zitronengelben Jersey zu finden. So einen suche ich schon ewig, denn die meist nur angebotenen warm-gelben Töne stehen mir nun mal nicht so gut. Ich wusste sofort, was ich daraus machen wollte, nämlich, eines meiner Lieblings-Shirts zu kopieren:
Rechts seht ihr das weiße Original, links mein nachgebautes Teil. Zugegeben, kein Designer-knock-off, sondern Massenware, aber der Stil dieses Shirts hatte mir immer schon so gut gefallen; ist mal was anderes.
Mein Jalie 2005-Schnitt erwies sich als fast passgenaue Vorlage; ich habe nur einige Zentimeter aus der vorderen Mitte herausgenommen, da das Kauf-Shirt tatsächlich noch enger ist als der Schnitt.
Danach habe ich das Vorderteil auf das Original-Shirt gelegt und die Linie des Ausschnitts nachgezeichnet. Nicht vergessen, die Nahtzugabe wieder hinzuzufügen, sonst wird der Ausschnitt größer als beabsichtigt!
Das gleiche habe ich dann beim Rückenteil gemacht:
Und dann noch beim Kragen. Da hatte ich zuerst einen Fehlversuch, bis ich darauf kam, wie ich den Kragen legen muss, um ihn in einem Teil abzeichnen zu können; so, dass die Bruchkanten von hinterer Mitte und vorderer Kante erhalten bleiben:
Die obere Kante ist der gefältelte Ausschnitt in der vorderen Mitte, die untere Kante ist die hintere Mitte. Zugeschnitten werden dann zwei Teile dieser Art, wobei die Bruchkante die am Schnitt-Teil bezeichnete ist. Die beiden Teile werden dann zuerst in der hinteren Mitte bei einfacher Stofflage zusammengenäht, dann an der Bruchkante gefaltet, so dass die Naht der hinteren Mitte innen liegt.
Ein Bild mit Folie drauf fehlt, aber hier seht ihr das fertige-Schnitt-Teil:
Die untere Kante habe ich dann in Falten gelegt. Da mein Jersey etwas dicker ist als das Original, wollte es mir nicht gelingen, drei Falten zu legen; also blieb es bei nur zweien. Fixiert habe ich das ganze mit meiner bewährten Tesafilm-Methode*, und dann habe ich die Falten mit dem Dreifach-Stepp-Stich kurz neben der Nahtlinie auf der Nahtzugabe fixiert. So ist sichergestellt, dass beim Einnähen des Einsatzes in den Ausschnitt die Falten nicht verrutschen.
Die Ecken vorne unten habe ich nicht ganz perfekt hinbekommen, aber beim Tragen fällt es kaum auf und für den ersten Versuch bin ich recht zufrieden. Und inzwischen habe ich bei einem anderen Shirt die sehr einfache Methode angewandt, diese Ecke vorher von Hand vorzuheften; so gelingt es dann beim nächsten Mal garantiert!
Der Rest ist dann das übliche T-Shirt, wobei bei diesem Modell natürlich erst die Schulternähte geschlossen werden müssen, dann wird der Kragen eingenäht, dann Ärmel einsetzen, untere Ärmel- und Seiten-Nähte in einem Rutsch schließen, säumen. Den Kragen kann man natürlich auch erst ganz am Schluss einsetzen, aber ich denke, bei offenen Seitennähten ist das einfacher zu handhaben.
Und warum war das Teil ein Ufo? Nun, ich hatte durch das lange Liegenlassen vergessen, mit welcher Nahtzugabe ich die Teile zugeschnitten hatte. Genäht habe ich dann mit meinen üblichen 0,5 Zoll-Zugaben. Das Shirt wurde dann allerdings so wurstpellen-eng, dass es sogar mir zu viel war, und das will schon etwas heißen! Da hatte ich wohl doch mit dem kleinen Rollschneider und der Zugabe von nur 1 cm zugeschnitten? Möglicherweise ist auch die unterschiedliche Dehnbarkeit von Original und meinem Stoff ein Punkt; da habe ich gar nicht verglichen. (Merke: Immer vorher nachmessen!) Jedenfalls hatte ich zum Nähen ein Garn verwendet, das farblich so haargenau passte, dass das Auftrennen des Dreifach-Geradstichs in dem Jersey kein Zuckerschlecken war. Faul, wie ich war, hatte ich nämlich zum Nähen nicht meine Ovi verwendet, deren Stich ja vergleichsweise einfach zu trennen ist, sondern die normale Nähmaschine. Und dieser Stich sitzt so tief im Stoff drin, dass er unter normalen Umständen schon schwer zu trennen ist, vor allem aber dann, wenn man das Garn farblich nicht vom Stoff unterscheiden kann! Das hatte ich also ewig vor mir hergeschoben, jetzt aber endlich mal nachgeholt. Nach kaum einem halben Tag Auftrennen von Nähten und Säumen, neu nähen und neu säumen, ist es nun auch schon fertig! Der Sommer kann kommen!
* Mir fällt gerade auf, dass ich anscheinend noch gar keinen Beitrag über diese Methode hier veröffentlicht habe. Das hole ich dann demnächst mal nach!**
** Dank der großartigen Maria hat sich der Beitrag über die Tesafilm-Methode doch wiedergefunden, und zwar hier:
http://stichelstube.capricorna.de/wordpress/2014/04/23/kleben-und-kraeuseln/
Dankeschön! 🙂