Oder: Warum einfach, wenn es auch umständlich geht?
Meine verfügbare Freizeit wird im Moment nicht nur durch Plätzchen backen im wahrsten Sinne des Wortes aufgefressen 😉 auch mein neu entdecktes Hobby Stricken hält mich vom Nähen ab. Über meine Stulpen hatte ich hier ja schon geschrieben.
Damals hatte ich ja festgestellt, dass ich die rechten Maschen falsch abstricke, und zwar verschränkt. Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin, als ich ganz alleine wieder mit dem Stricken angefangen hatte vor ein paar Wochen. Daraufhin dachte ich mir aber, es wäre eine gute Idee, das Stricken mal so richtig von der Pike auf zu lernen. Außer rechten und linken Maschen kann ich nämlich eigentlich nichts. Ich suchte nach einem solchen Buch, und wurde tatsächlich fündig: Stricken lernen. Das 15-Projekte-Einsteigerprogramm.
Mein wie immer irrwitziger Plan ist es, sämtliche Projekte aus diesem Buch zu machen. Alle. Mal sehen…
Die Modelle darin sind nicht besonders modisch, aber das ist bei einem Grundlagenbuch ja auch schwerlich zu erwarten. (Ist bei dem Burda Nähen lernen-Buch ja auch nicht anders.) Das große Plus des Buches liegt für mich darin, dass man Schritt für Schritt lernt. Für jedes neue Projekt lernt man eine neue Technik, oder auch mehr, was man eben gerade braucht. Genau, was ich will; ich liebe diese systematische Vorgehensweise. Für die Modelle wird jeweils ein ganz konkretes Garn angegeben. Das ist dann auch der zweite Hauptkritikpunkt bei den amazon-Rezensionen, da wohl nicht alle diese Garne noch erhältlich sind. Da ich aber sowieso nicht zu den Menschen gehöre, die sich gerne den Stoff oder hier eben die Wolle so konkret vorschreiben lassen, und mir das Grundprinzip der Maschenprobe auch schon bekannt ist, stellt dies für mich kein großes Problem dar. Ohnehin sind die wenigsten Modelle passformsensibel; bei einer Kissenhülle, einem Schal oder einem Teddybär ist es ja nicht so wirklich relevant, ob diese einen oder zwei Zentimeter größer oder kleiner werden.
Das erste Projekt ist eine Kissenhülle in kraus rechts. Kein Problem für mich, da ich ja gerade selbst herausgefunden hatte, was ich da falsch gemacht habe bei den rechten Maschen. Obwohl ich mir vorgenommen hatte, jedes Projekt buchstabengetreu nachzustricken, war mir glatt rechts dann aber doch etwas zu langweilig. Ich weiß was ihr denkt, the devil will find work for idle hands to do…
Die erste Idee war, eine kleine Reminiszenz an meine falsch gestrickten rechten Maschen einzubauen, und so begann ich damit, einen Streifen von etwa sechs Zentimetern in glatt rechts verschränkt zu stricken. Blöde Idee. Ich stricke eher fest, und die verschränkten Maschen wiederum verschränkt abzustricken, stellte sich als gutes Handgelenksmuskel-Training heraus… Nun gut, diese Tortur war nach einigen Zentimetern vorbei, und leichter ging es weiter.
Dann kam ich auf die zweite Idee, nämlich, die Klappe der Kissenhülle mit einem rechts-links-Muster zu versehen. Drei rechts, drei links, in der Rückreihe rechts, damit das kraus rechts zwischen den glatt rechts Maschen erhalten bleibt.
Komisch, es wurde schon wieder sehr schwierig, die rechten Maschen, die ich in der Rückreihe links gestrickt hatte, abzustricken. Sehr seltsam.
Ich hatte einen Verdacht, recherchierte ein wenig im Internet, und stieß über YouTube auf die Site Nadelspiel.com, die exzellent gemachte Strick-Videos anbietet. Und tatsächlich – ich legte den Faden bei den linken Maschen falsch herum um die Nadel, von hinten nach vorne, statt andersherum! Dadurch „guckten“ die rechten Maschen in der Rückreihe in die falsche Richtung, und deswegen fiel es mir auch leichter, diese verschränkt abzustricken statt richtig. Bingo!
So war auch dieses Rätsel gelöst, und mit frischem Mut ging es weiter.
Um das Muster noch interessanter zu machen, arbeitete ich einen „Verlauf“ ein: Die zum Schluss drei rechten Maschen starten als eine einzige, nach vier Reihen werden es zwei, weitere vier Reihen dann erst die vollen drei. Und das ganze noch abwechselnd in jeder zweiten Reihe der rechten Musterreihen versetzt, und am Ende des Musters das ganze genau umgekehrt. Ich habe mir extra eine Tabelle mit dem Muster am Computer entworfen, und jede gestrickte Reihe abgestrichen, um nicht durcheinander zu kommen.
Das nächste Problem tauchte auf, als ich das fast fertige Kissen zu einem Familienbesuch mitnahm. Gleichzeitig Stricken und Reden kann mein Gehirn noch nicht koordinieren, und so strickte ich eine Musterreihe doppelt, vergaß also die Rückreihe. Das fiel mir zwar nach zwei Reihen auf, aber ich hatte keine Lust, das wieder aufzumachen, also – machte ich weiter.
Naja, ich kenne mich. Es gibt Fehler, die ich tolerieren kann, aber nicht alle. Dieser gehörte nicht dazu; das wurde mir allerdings erst nach mehr als zehn weiteren Reihen klar. Aufribbeln? Komplett? Auf keinen Fall! Und wenn ich nur den Teil aufribbelte, der falsch war, wie sollte ich die Maschen danach alle wieder heil auf die Nadel bekommen?! Ein Blick in mein schlaues Strickbuch gab mir aber auch dafür eine Lösung an die Hand – rückwärts Stricken! Erstaunlich, aber einleuchtend. Genau, wie man beim Nähen Stich für Stich wieder auftrennen kann, geht dies beim Stricken auch, ohne eine Masche zu verlieren. Nach zehn Reihen oder mehr hatte ich auch darin hinreichende Übung erlangt. Uff.
Die letzten sechzehn Reihen, bis die Hülle fertig war, waren dann ein Klacks. 😉
Zwischendrin hatte ich gelegentlich auch mal die eine oder andere Masche verloren, was ich dann erst in der Rückreihe feststellte. Gottseidank gab es auch dafür eine Anleitung in meinem Buch; Hochstricken mit der Häkelnadel ist sehr einfach. 🙂
Was als einfachstes Anfänger-Projekt gestartet war, gab mir so also Gelegenheit, viele neue Dinge zu lernen. Da ich sämtliche Probleme mit Hilfe von Buch und Internet sowie etwas Geduld aber erfolgreich lösen konnte, bin ich nun zuversichtlich, dass das auch in Zukunft so sein wird. 🙂
Das zweite Projekt ist ein Schal im ganz einfachen Rippenmuster, also wieder drei links, drei rechts. Ein Klacks, nicht wahr? – Hat jemand eine Idee, wie man dieses langweilige Muster etwas aufpeppen kann…? 😉