Prokrastinieren, aber richtig

Im Zuge meines immer währenden Kampfes gegen die Stoffberge und Ufos hatte ich mir eine neue Strategie vorgenommen, die eine Freundin von mir erfolgreich beim Stricken durchzieht: Immer nur ein Projekt auf dem Tisch haben!

In diesem Sinne arbeitete ich mich heute Morgen an der Erstellung eines Hosenrocks ab, den ich meiner Schwester schon vor *hüstel* drei Jahren versprochen hatte. Aber hey, genau dieses Jahr sind Hosenröcke total in, also komme ich genau rechtzeitig!

Heute, nach dem Ein- und Aufnähen von Taschen und Reißverschluss in den Tagen zuvor, habe ich Seitennähte und Kreuznaht geschlossen, und spaßeshalber das Teil einmal angezogen, obwohl der Bund noch nicht dran ist. Meine Schwester und ich haben eine recht ähnliche Figur, und ich sehe mein Selbstgenähtes während des Arbeitsprozesses gerne am Körper, um Wirkung und Sitz zu überprüfen.

Hm… bisschen weit. Bisschen sehr weit. Kann es sein, dass die Maße meiner Schwester so anders sind? Oder habe ich beim Ändern des Schnitts (der Bund musste tiefer gelegt werden) etwas falsch gemacht?

Aus einem mir noch nicht ganz greifbaren Grund hat mich das Ganze sehr verunsichert. Vielleicht nur, weil ich gerade mit einer langwierigen Erkältung kämpfe, die sich heute wieder mal verschlimmert hat? Eine mögliche Lösung wäre gewesen, mir die Maßtabelle meiner Schwester herauszusuchen und zu vergleichen. Der Weg zum Regal, wo sich diese Tabelle möglicherweise in einem meiner Ordner befinden könnte, war allerdings verstellt mit dem Bügelbrett, einem Stuhl, auf den ich seit einem Jahr zigtausend verschiedene Sachen draufgelegt, aber niemals welche entfernt habe, meinem Reste-Korb, gekrönt von einem aufgeschlagenen Ordner, zwei weiteren Ordnern, die im Regal gerade keinen Platz finden, weil die Zeitschriftenstapel über den ehemals freien Ordner-Platz gekippt sind und so weiter und so fort… Die Schnittmuster-Teile vom Original-Schnitt habe ich auch nirgendwo in der Nähe meines Schreibtisches auffinden können. Argh! Das ganze Chaos deprimierte mich ziemlich.

Nachdem ich erstmal die Reste Silikon von der Duschwannen-Einfassung entfernt, mir einen weiteren Liter Tee gekocht, und zwischendurch mindestens dreißig Minuten lang ziellos Löcher in die Luft gestarrt hatte, fing ich zum hunderttausendsten Male an, mein Nähzimmer wieder in einen Zustand zu bringen, in dem man sich bewegen und arbeiten kann, ohne Gefahr zu laufen, von Stoff- oder Zeitschriftenstapeln begraben zu werden.

Ich habe den kleinen Tisch neben dem Gästebett aufgeräumt, die Wäsche gebügelt und wegsortiert, die seit über einer Woche dort frisch gewaschen lag, währenddessen die letzten beiden Folgen der ersten Staffel „Lillyhammer“ geschaut, die ich schon seit Wochen gucken wollte, dann sämtliche Sachen vom Stuhl weggeräumt, zwei vertrocknete Kräuter-Töpfe zum frischen Bepflanzen vorbereitet, einigen Krimskrams weggeschmissen und den nun wieder frei gewordenen Boden gestaubsaugt.

Danach habe ich bei einem meiner selbstgenähten Lieblings-Pullover den Halsausschnitt verkleinert, der aufgrund des sehr weichen Feinstricks mit der Zeit zu weit geworden war, und den Beleg an meinem Weihnachtsfeier-Kleid versäubert; zwei Teile, die schon seit Monaten geduldig in meinem Chaos schlummerten. Als Krönung habe ich dann endlich die Reste unseres blickdichten Schlafzimmer-Vorhangs zu einem durchgehenden Vorhang für mein Stoffregal verarbeitet; seit Jahren hingen die Stücke unversäubert kreuz und quer.

Morgen werde ich ein Longshirt für mich fertigstellen, das auch schon einige Wochen, oder vielmehr, Monate, als Ufo in der Ecke liegt. Dabei muss ich nur noch vier kleine Nähte machen und das Teil wäre fertig!

Und dann, dann habe ich hoffentlich wieder genug Elan, um mich dem Hosenrock zu widmen. Eins nach dem anderen! 😉

Ansonsten war das ein sehr erfolgreicher Hosenrock-Vermeidungs-Tag.

Und die Schnittmuster-Teile vom Hosenrock habe ich auch wiedergefunden!

Ein Gedanke zu „Prokrastinieren, aber richtig“

  1. *gg* Könnte von mir sein….

    Was mich vor dem Chaos rettet ist die Tatsache, daß ich normalerweise mein „Alleszimmer“ zwei Mal im Jahr gründlich aufräumen muß, weil es zum Gästezimmer wird.

    Das war jetzt aber zwei Jahre lang ausgefallen… rate, womit ich heute gekämpft habe… 😀

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